Rund zehn Tage sind vergangen, seitdem die Männer-Nationalmannschaft das WM-Turnier in Tschechien auf dem sechsten Platz beendet hat. Seitdem läuft beim DEB die Analyse auf Hochtouren, Mittendrin ist DEB-Sportdirektor Christian Künast, der mit allen Beteiligten spricht, das Feedback sammelt und die Erkenntnisse umsetzt. Im Interview spricht der 53-Jährige über die umfassende Aufarbeitungsarbeit, die nach der WM ansteht.
Mit ein paar Tagen Abstand nach der WM in Tschechien: Wie fällt dein Fazit des Turniers aus?
Christian Künast: “Wir haben ein ordentliches Turnier gespielt. Insbesondere die Offensiv-Leistung und das kreative Element in der Spielgestaltung waren auf einem insgesamt hohen Niveau.”
Was war gut, was hätte besser laufen können aus deiner Sicht?
Christian Künast: “Spielerisch haben wir viel Qualität in allen Formationen, was sich auch an der herausragenden Torausbeute von 35 Turnier-Treffern und der starken Überzahlquote gezeigt hat. Wir können ein gewisses Tempo mitgehen, das auf internationalem Niveau herrscht und es auch selbst erhöhen. Ein paar Probleme haben sich in der eigenen Zone und teilweise auch im Spielaufbau gezeigt. Im Spiel von der blauen Linie würden wir gerne noch mehr Torgefahr kreieren. Das ist ein Prozess, der schon in der Basis-Arbeit im Nachwuchs beginnt.”
Wie funktioniert die Aufarbeitung des Turniers mit allen Beteiligten, mit wem führst du Gespräche?
Christian Künast: “Ich habe mit Harry bereits ein erstes, ausführliches Gespräch geführt. Wir haben unsere Analysen übereinandergelegt und ausgewertet. Wir sehen viele Dinge gleich, einige Dinge bewerten wir etwas anders. Für den Prozess der Weiterentwicklung ist das gut. Es wäre auch ungewöhnlich, wenn wir in der Aufarbeitung deckungsgleich wären. Die Analyse setzt sich selbstverständlich noch fort.”
Welche Erkenntnisse hast du aus dem Turnier für deine Arbeit gewonnen?
Christian Künast: “Viele Erkenntnisse, die ich aus meiner Arbeit als Sportdirektor beim DEB in den vergangenen Jahren gewonnen habe, haben sich weitestgehend bestätigt. Wir sind auf dem U18-Level noch nicht da, wo wir gerne sein wollen. Andere Nationen haben Spieler aus der U18 und U20 bei der A-WM dabei. So weit sind wir noch nicht. Offensiv sind wir breiter aufgestellt als in der Vergangenheit, zudem verfügen wir über einen eingespielten Staff, mit dem wir uns in den letzten drei Jahren positiv entwickelt haben. In den vergangenen fünf Jahren haben wir ein Finale, ein Halbfinale und dreimal das Viertelfinale erreicht. Das ist eine sehr gute Quote. Gleichzeitig wissen wir, wie eng es ist, wenn es in die Endrunde geht. Das Viertelfinal-Spiel ist eine Gratwanderung, in der kleinste Dinge entscheiden, ob du weiterkommst oder nicht. Das wird auch so bleiben in den kommenden Jahren.”
“Es ist es überhaupt keine Selbstverständlichkeit, das Viertelfinale bei einer WM zu erreichen.”
Du hast gerade die fünf Endrunden-Teilnahmen in Folge angeführt. Wie ist diese positive Entwicklung einzuordnen?
Christian Künast: “Wie gesagt, das ist eine starke Quote, denn ist es überhaupt keine Selbstverständlichkeit, das Viertelfinale bei einer WM zu erreichen. Es ist ein Erfolg, an dem viele Leute arbeiten. Wenn wir das fortsetzen wollen, müssen wir umso härter weiterarbeiten und uns ständig hinterfragen. Dazu gehört es auch, unbequeme Dinge anzugehen und zu ändern. Nur so können wir auf diesem Standard bleiben.”
Wie ordnest du den Abschluss des Turniers mit Platz sechs ein und was bedeutet Weltranglistenplatz acht für euch?
Christian Künast: “Am Ende hat uns das Resultat im Viertelfinale geschmerzt, gerade weil es so knapp war. Unter dem Strich bleibt es ein Ausscheiden im Viertelfinale mit einer guten Endplatzierung. Auch in der Weltrangliste sehen wir uns zwischen sechs und acht, es hängt dann natürlich immer davon ab, wie auch die anderen Nationen abschließen. Da wird es nach jeder WM Veränderungen geben. Mit Blick auf die Rangliste ist festzustellen, dass die ersten zehn Teams durchaus in der Lage sind, eine Medaille bei einer WM zu holen.”
In der vergangenen Woche stand die Bundestrainer-Konferenz auf der Agenda. Inwieweit wurde die WM thematisiert?
Christian Künast: “Die WM der Männer in Tschechien war ein Schwerpunkt des gemeinsamen Austauschs. Darüber hinaus haben alle anderen Bundestrainer ihre Analysen aus der Arbeit mit den Nationalmannschaften vorgetragen. Wir hatten einen konstruktiven Austausch und haben die Erkenntnisse der vergangenen Saison aufgearbeitet. Jetzt geht es darum, den Blick nach vorne zu richten, unsere Ergebnisse der Konferenz mitzunehmen und neue Ideen umzusetzen.”
Stichwort Analyse: Was braucht die Männer-Nationalmannschaft, um sich auch in Zukunft weiterzuentwickeln?
Christian Künast: “Harte Arbeit, keinen Stillstand und den Mut zum Risiko in gewissen Bereichen. Letztlich geht es darum, eine Einheit zu sein. Ganz Eishockeydeutschland muss an einem Strang ziehen, egal bei welchem Thema. Auch wenn nicht immer individuell alle Bedürfnisse berücksichtigt werden können, geht es um das große Ganze.”