Von 11. bis 14. November 2021 findet der Deutschland Cup 2021 statt. Es ist das erste internationale Eishockeyturnier, bei dem wieder Fans in der YAYLA Arena in Krefeld zugelassen sind. Im Interview spricht Bundestrainer Toni Söderholm über die Herausforderungen der Kaderplanung, die Aufgaben mit Blick auf Olympia – und darüber, wie sehr er sich auf die Fans im Stadion freut.
Toni, du warst vor Kurzem für eine Hospitanz zu Gast beim NHL-Klub Florida Panthers. Wie waren deine Erlebnisse und Eindrücke vor Ort?
Toni Söderholm: Es war sehr interessant und ein intensiver Austausch. Wenn Trainer in Meetings aufeinandertreffen, dann beginnt immer schnell eine Diskussion: Wie macht ihr das? Wie machen wir das? So ein offener Austausch war das in Florida eigentlich jeden Tag. Das Interesse generell aus Nordamerika an unseren deutschen Eishockeyspielern ist sehr groß. Deswegen habe ich auch viel mit den General Managers und Scouts gesprochen, vor allem darüber, welche Talente in den nächsten Jahren aus Deutschland kommen. Und man kann es nicht anders sagen: Die NHL ist einfach eine sehr, sehr gute Eishockeyliga. Aber mir ist es wichtig, dass wir unseren eigenen Weg finden und dafür die richtige Inspiration sammeln – und nicht andersherum: Man kann nicht den Weg von jemand anderes übernehmen.
Was würdest du sagen, ist dein Weg?
Toni Söderholm: Eine Offenheit in der Kommunikation mit den Spielern der Eishockey-Nationalmannschaft ist mir sehr wichtig. In der Nationalmannschaft herrscht noch mal eine ganz andere Stimmung als in den Klubs. Für mich ist es sehr wichtig, wie wir mit unseren Spielern umgehen, dass wir ehrlich und transparent mit ihnen sprechen und wir sie respektvoll behandeln.
Kommen wir vom Rückblick zum Ausblick: Der Deutschland Cup 2021 steht vor der Tür. Was sind deine wichtigsten Aufgaben in den nächsten Tagen?
Toni Söderholm: Die absolute Priorität hat natürlich: einen guten Kader zusammenzustellen, auch mit Blick auf Olympia in Peking und die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr. Der Deutschland Cup ist für uns ein sehr wichtiges Turnier, bei dem wir neue und frische Eindrücke von den Spielern, zu unserer taktischen Arbeit und zur Spielweise innerhalb der Mannschaft bekommen.
Gerade in diesem Jahr brauchen wir bei der Kaderplanung eine enorme Flexibilität. Es kann immer etwas passieren, Verletzungen, Krankheiten, Quarantäne. Deswegen planen wir mit einem Kader, einem B-Kader und einem zusätzlichen Plan, welcher Spieler einen anderen Spieler ersetzen könnte. Dieses Mosaik bauen wir gerade zusammen. Dafür telefoniere ich auch viel mit den sportlichen Leitern der Klubs, um zu klären, ob ein Spieler gerade eine Verletzung hat oder eine Pause braucht. Außerdem kümmern wir uns um das Thema Taktik, bereiten Team-Ansprachen und Vorträge vor und erstellen Videos.
Wie viele Spieler hast du in den vergangenen Tagen und Wochen angesehen?
Toni Söderholm: Es gibt 35-40 Spieler, die uns für den Deutschland Cup interessieren und von denen wir einen Eindruck wollen. Die Sichtungen haben wir sowohl im Stadion als auch via Stream gemacht. In Florida war das ganz praktisch, da konnte ich die Spiele in Deutschland durch die Zeitverschiebung entspannt tagsüber anschauen.
Das Stichwort Olympia fiel nun schon ein paar Mal. Wie sehr beeinflussen Olympia und die WM deine Kaderplanung? Welche Spielertypen brauchst du im Team, um gegen starke Gegner bestehen zu können?
Toni Söderholm: Eins ist klar: Wir haben auch Kaliber, wir haben sogar sehr große Kaliber. Wir brauchen Spieler, die schnelles Eishockey umsetzen, die zweikampfstark sind, die in kleinen Räumen kreativ sind. Und wir brauchen Spieler, die ihre Mitspieler noch besser machen, wir müssen als Mannschaft geschlossen auftreten – deswegen brauchen wir echte Teamplayer.
Wir machen uns bei der Kaderplanung schon viele Gedanken: Wer ist frisch, wer nicht? Wer ist interessant für Olympia und für die WM? Wer ist gerade sehr gut drauf? Wenn wir wissen, was ein Spieler kann, er aber noch nicht in Top-Form ist – hilft es ihm, dass wir ihn jetzt für den Deutschland Cup 2021 aufstellen? Gibt ihm das einen Schub?
Was ist euer Hauptziel beim Deutschland Cup 2021?
Toni Söderholm: Ich glaube, das Mannschaftsziel ist klar: Wir wollen den Deutschland Cup gewinnen. Wir haben drei Spiele in der Gruppenphase. Das A und O ist: Wir müssen uns von Spiel eins zu Spiel drei sichtbar verbessern und am dritten Spieltag spielerisch stärker rauskommen als wir an Tag eins anfangen. Nur so können wir beim Deutschland Cup, bei Olympia, bei der WM, egal bei welchem Turnier etwas erreichen.
Der Deutschland Cup 2021 ist das erste internationale Turnier, bei dem wieder Fans in der Eishalle zugelassen sind. Wie wird sich das auf die Spieler auswirken?
Toni Söderholm: Ich bin froh, dass wir endlich wieder vor so einer fantastischen Kulisse in Krefeld spielen. Spiele auf heimischem Eis für die Nationalmannschaft sind für alle Beteiligten etwas Besonderes, aber natürlich besonders große Momente für die Spieler. Die Jungs haben es verdient, dass sie eine volle Eishalle anfeuert. Alle Spieler haben in den vergangenen zwei Jahren sehr gut gearbeitet, sich enorm verbessert, eine sehr gute WM abgeliefert. Und die Spieler brennen jetzt für die Unterstützung der Fans.
Und dann gibt es in diesem Jahr noch die ganz besondere Situation, dass die Frauen zeitgleich mit euch spielen und noch um die Olympia-Quali kämpfen. Dafür gibt es erstmalig sogar ein Sondertrikot für beide Nationalmannschaften. Gibt es zwischen dir und dem Frauen-Bundestrainer Tom Schädler einen Austausch?
Toni Söderholm: Wir tauschen uns vor allem zwischen den Turnieren aus. Frauen- und Herren-Eishockey sind zwar ein bisschen unterschiedlich, aber es gibt Dinge, die man 1:1 übernehmen kann, vor allem die Art und Weise, wie die Mannschaften auftreten. Taktisch ist auch vieles ähnlich. Tom und ich sehen uns immer wieder im Büro und tauschen uns dann aus. Unsere Videos zu Taktiken und Techniken können natürlich auch die Frauen nutzen, übrigens auch unsere Nachwuchsmannschaften. Mir ist es wichtig, dass wir mit offenen Türen arbeiten.
Mit dem Deutschland Cup 2021 habt ihr ein großes Turnier daheim vor der Brust. Lass uns trotzdem kurz über die Aufgaben sprechen, die danach anstehen.
Toni Söderholm: Der Kalender ist voll – und eine Herausforderung. Wir können kein dreiwöchiges Trainingslager machen. Stattdessen kommen wir zwei, drei Tage vor Abflug nach Peking zusammen. Die NHL-Spieler kommen wahrscheinlich nur wenige Tage vor dem ersten Spiel zu uns ins olympische Dorf. Diese wenige Zeit müssen wir effizient nutzen. Also werden wir viele Materialien für die Spieler online zur Verfügung stellen. Außerdem müssen wir die richtigen Spieler finden und sie ordentlich vorbereiten. Und natürlich auch unsere Gegner genau unter die Lupe nehmen und uns auf sie einstellen.
Aber wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir in Peking im olympischen Dorf ankommen und uns acht Stunden pro Tag Videos anschauen und Besprechungen machen. Olympia ist ein Erlebnis und wir müssen dafür sorgen, dass sich unsere Spieler gut fühlen, stolz sind, Deutschland zu vertreten, ihr Bestes geben – aber auch die olympische Atmosphäre genießen können.
Tickets für den Deutschland Cup 2021 gibt’s hier.