Die Vorfreude war groß, die Enttäuschung nach der kurzfristigen Absage daher umso größer – einen Tag vor der geplanten Abreise der deutschen Mannschaft am 22. April wurde die Frauen-Weltmeisterschaft abgesagt. Das Turnier hätte eigentlich vom 6. bis zum 16. Mai in Kanada stattfinden sollen.
Doch der Eishockey-Weltverband IIHF fand rasch eine Lösung und präsentierte Anfang Mai einen neuen Termin für die IIHF-WM der Frauen. Das Turnier soll nun zwischen dem 20. und 31. August 2021 ausgetragen werden. Ausrichter bleibt Kanada, über den genauen Spielort wurde noch nicht entschieden. „Der Frauen-Eishockeysport auf höchstem Level hatte eine schnelle Entscheidung verdient, und sie nun bekommen. Ich bin sehr glücklich, dass der WM-Ausrichter Kanada in der Lage war, diese Alternative anzubieten. Damit kann auch die Frauen-Bundesliga im September den Spielbetrieb aufnehmen und die so wichtige Olympia-Qualifikation im November die von uns gewünschte Priorität genießen“, sagte DEB-Präsident Franz Reindl.
Sicherheitsbedenken aufgrund der aktuellen Corona-Situation der örtlichen Behörden in der Provinz Nova Scotia, in der sich die beiden Spielorte Halifax und Truro befinden, hatten zuvor für das Aus gesorgt. In Kanada war die Zahl der Corona-Infektionen und die Impfquote zu dem Zeitpunkt auf einem ähnlichen Niveau wie in Deutschland. Nachdem bereits 2020 die Weltmeisterschaft wegen der Pandemie entfallen musste, drohte den Frauen damit ein zweites Jahr ohne ihr eigentliches Saisonhighlight.
„Es ist extrem enttäuschend, wir waren voll auf die Abreise eingestellt und froh, dass wir durch die schwierige Vorbereitung so gut durchgekommen sind. Wir waren voller Vorfreude und Energie und hoch motiviert, das trifft uns hart. Es ist wirklich ganz bitter, dass die WM schon das zweite Mal hintereinander abgesagt wird, wo wir doch so viel dafür in Kauf genommen haben“, zeigte sich Nachwuchs-Bundestrainerin Franziska Busch unmittelbar nach der Absage enttäuscht. Die DEB-Frauen waren zu diesem Zeitpunkt gerade am Ende ihrer ungewöhnlich langen Vorbereitung seit dem Ende der Bundesligasaison Mitte März in Füssen angelangt und bereit zum Abflug nach Kanada. Gerade der Reiz, eine WM im Mutterland des Eishockeys zu spielen, hatte ihren ganz besonderen Reiz, wie Nationalspielerin Anna Fiegert noch wenige Tage vorher deutlich machte: „Dort ist Eishockey die Nationalsportart und auch den Frauen wird eine größere Plattform geboten. In Kanada ist das Eishockey fast überall präsent.“ Daraus wurde nun jedoch nichts.
Auch DEB-Sportdirektor Christian Künast war daher umso erleichterter, als die Neuansetzung feststand. „Die IIHF hat jetzt sehr schnell gehandelt und auch einen guten Kompromiss gefunden für alle Verbände, vor allem auch für die Mannschaften, die vor der Olympia-Qualifikation im November stehen so wie wir“, sagte der 50-Jährige und ergänzte: „Das ist die bestmögliche Lösung auch für die Spielerinnen, eine WM für die Frauen findet statt. Der genaue Spielort wird noch festgelegt, aber das Datum steht nun fest und das ist sehr erfreulich.“
Die deutschen Frauen hatten in Anbetracht der Pandemie lange eine fast optimalen Vorbereitung. Nachdem es zuvor in einem Jahr lediglich drei Länderspiele im Februar in der Schweiz (1:0 nach Penalty-Schießen, 2:1 und 3:4 aus DEB-Sicht) gab, konnte die unmittelbare WM-Vorbereitung, die in drei Phasen unterteilt und in Füssen abgehalten wurde, ohne größere Zwischenfälle durchgezogen werden. Auch die einzigen beiden Testspiele im Rahmen der zweiten Phase gegen Österreich (5:1 und 2:3 nach Verlängerung) fanden wie geplant statt. Eine lange Zeit, die von den Spielerinnen auch einige Entbehrungen erforderte, wie Verteidigerin Daria Gleißner aufzeigte: „Wenn man bedenkt, wie viel Zeit und Arbeit wir in die Vorbereitung gesteckt haben, war die Absage schon hart. Dazu haben wir alle auf unsere Freunde und Familien verzichtet, um die sozialen Kontakte so gering wie möglich zu halten. Es tat mir richtig gut, nach Hause zu meiner Familie zu kommen und dadurch jetzt auch etwas Abstand zu dem Ganzen zu bekommen.“ Und inzwischen hat die Mannschaft auch wieder ein WM-Ziel vor Augen.
Eine unmittelbare, parallel geplante Alternativlösung war nicht möglich, wie IIHF-Präsident René Fasel in einem offenen Brief deutlich machte: „Da sowohl die IIHF als auch der kanadische Verband einige Tage vor der Absage die Zusicherung erhalten hatten, dass die Veranstaltung stattfinden würde, kam diese Nachricht völlig unerwartet.“ Gerade aufgrund der Corona-Pandemie war es daher auch nicht möglich, auf die Schnelle einen Ersatzort für ein Turnier, an dem zehn Nationen teilnehmen sollen, zu finden. Fasel fügte aber auch an, „dass man von Seiten der IIHF jeder Spielerin gegenüber die Verpflichtung habe, zu versuchen, das Turnier noch in diesem Jahr nachzuholen.“ Das gelang.
Auf die deutschen Frauen wartet im November ohnehin noch ein weiteres Highlight. Dann geht es gegen Dänemark, Österreich sowie einen noch zu ermittelnden dritten Gegner im Qualifikationsturnier um ein Ticket für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr in Peking. Nachdem die bis dato letzten Spiele in Südkorea, bei denen die männlichen Kollegen sensationell Silber abräumten, knapp verpasst wurden, ist die Motivation im Lager des DEB diesmal umso größer. Dass das Qualifikationsturnier auch noch in Deutschland – und bis dahin vielleicht sogar vor Zuschauern – stattfindet, kann zum entscheidenden Vorteil werden. Dazu sagte Künast: „Es ist für uns eine gute Möglichkeit und wir haben sicher einen kleinen Heimvorteil, aber die Spiele müssen natürlich erst gespielt werden. Die Aufgaben sind schwierig, aber lösbar und wenn man zu Olympia will, muss man sich eben dort durchsetzen.“