Der zweimalige Stanley-Cup-Sieger kämpft nach seiner schweren Schulterverletzung in der AHL für seine Rückkehr in die NHL und träumt von Olympia mit dem DEB-Team
von Stefan Herget @NHLde / NHL.com/de
Es gab schon bessere Zeiten für Tom Kühnhackl in Nordamerika, aber eben auch schlechtere. Die erfolgreichen Jahre waren die mit den beiden Stanley-Cup-Siegen 2016 und 2017 mit den Pittsburgh Penguins. Zuvor hatte der 29-jährige Landshuter harte Jahre hinter sich bringen müssen, ehe er am 9. Januar 2016 im Alter von fast 24 sein NHL-Debüt feiern konnte. Kühnhackl blieb eisern dran, während viele andere in seiner Situation frühzeitig die Flügel gestreckt hätten und in die Heimat zurückgekehrt wären.
Diese Eigenschaften braucht der Stürmer jetzt wieder, denn eine in den Stanley-Cup-Play-offs 2020 erlittene Schulterverletzung mit anschließender Operation kam zur Unzeit, weil sein Vertrag bei den New York Islanders am Saisonende auslief. Zwar durfte Kühnhackl im Januar mit einem Probevertrag bei den Islanders trainieren, doch dort war er lediglich unter den Fittichen von Landsmann Dennis Seidenberg, der die Rekonvaleszenten und Ergänzungsspieler der Islanders betreut.
Seit 4. Februar läuft der Spielbetrieb in der AHL und Kühnhackl schloss sich den Bridgeport Sound Tigers, dem Farmteam der Islanders an. Von dort will er seinen Weg zurück in die NHL schaffen, wie er im Interview mit NHL.com/de verriet.
Ist deine Verletzung vollständig auskuriert und wie fühlst du dich?
Tom Kühnhackl: “So einhundertprozentig fühle ich mich noch nicht. Es war halt doch eine etwas größere Operation. Es hat leider länger gebraucht, als wir alle gedacht haben. Zum Glück hatte ich etwas mehr Zeit, es gut auszukurieren und bin jetzt einfach nur froh, dass ich wieder Eishockey spielen kann.”
Wie zufrieden bis du mit deinen ersten Spielen?
Kühnhackl: “Natürlich erwartet man offensiv von sich mehr. Aber über die letzten Jahre habe ich eine andere Position in der Mannschaft entwickelt, wo ich mehr defensiv orientiert bin und der Mannschaft in anderen Situationen helfe, wie im Unterzahlspiel oder in der eigenen Zone kurz vor Schluss. Ich versuche das hier auch so gut wie möglich zu machen. Es ist natürlich schwierig, weil wir doch einige Spiele hintereinander verloren haben. Aber jetzt müssen wir schauen, dass wir das Ruder herumreißen und wieder in die andere Richtung kommen, das heißt ein paar Spiele hintereinander gewinnen.”
Ihr habt bislang nur zwei Siege eingefahren. Was muss besser werden?
Kühnhackl: “Wir müssen schauen, dass wir einmal komplette 60 Minuten spielen. Ich glaube, wir haben in jeden Spiel das erste Drittel komplett dominiert und dann im zweiten Drittel auch noch gut gespielt, aber im dritten Drittel, ich weiß es nicht. Wie wenn wir mental nicht so stark wären. Da fallen wir immer ein bisschen auseinander und dann kriegen wir drei Tore und wenn man im letzten Drittel drei Tore kriegt, dann ist es natürlich schwierig, dass man das Spiel gewinnt. Vor allem die letzten paar Spiele haben wir offensiv nicht viel gemacht. Wir müssen wie gesagt 60 Minuten durchspielen, dann können wir auch mehr Siege feiern.”
Wie fühlt sich das für dich an, jetzt einer der Senioren im Team zu sein?
Kühnhackl: (lacht) “Ich habe genau gewusst, dass diese Frage kommen wird. Ja, es ist natürlich was Neues. Am Anfang, wie ich die erste Woche da war, war mir das nicht so bewusst. Aber so über die Wochen lernt man sich besser kennen. Dann merkt man, dass man im älteren Teil dabei ist, was ich in den Jahren zuvor nicht so gewohnt war. Es ist aber auch schön, wenn man den jüngeren Spielern den richtigen Weg weisen und so gut wie möglich helfen kann.”
Warum hat es deiner Meinung nach mit einem Vertrag bei den Islanders nicht funktioniert?
Kühnhackl: “Es gab sehr viele und lange Gespräche. Aber mit meiner Schulter gab es viele Fragezeichen, ob ich überhaupt jemals wieder Eishockey spielen kann, weil es dieselbe Schulter war, an der ich schon einmal etwas hatte. Das war ein größerer Eingriff und es war nicht klar, ob das überhaupt halten würde. Ich bin einfach nur froh wieder zu spielen und hoffe, dass das mein Körper noch ein paar Jahre durchhalten wird und ich den Sport noch länger aktiv betreiben kann.”
Wie sieht dein weiterer Karriere-Plan aus?
Kühnhackl: “Ich konzentriere mich auf diese Saison. Mit dem ganzen Corona-Schmarrn, das muss jetzt endlich mal aufhören und zu Ende gehen, dass wieder Normalität in den Alltag zurückkehrt. Wir schauen jetzt einfach mal, dass wir diese Saison so gut wie möglich beenden. Ob es in der AHL Play-offs gibt, wissen wir ja auch noch nicht. Dann kommt die Weltmeisterschaft und nächstes Jahr Olympia. Ich will so gut wie möglich spielen und der Mannschaft helfen. Dann schaue ich einfach, wie es weitergeht.”
Inwiefern hilft dir deine Erfahrung, denn du hattest vor deinem NHL-Debüt auch lange darum kämpfen müssen, an diesen Punkt zu kommen?
Kühnhackl: “Ich habe ja alles in meiner Laufbahn schon miterlebt. Von der East Coast bis in die AHL und dann NHL, Verletzungen, Trade. Da war schon alles dabei. Von daher weiß ich, wie man mit der Situation umgeht. Klar, wird das immer schwieriger, aber man muss positiv bleiben und an sich selber arbeiten. Das mache ich gerade. Ich hoffe natürlich, dass ich eines Tages wieder in der NHL spielen kann.”
Wie realistisch ist es, dass wir dich kommende Saison in der DEL sehen?
Kühnhackl: “Die Frage stellt sich für mich derzeit nicht. Für mich steht nur zu 100 Prozent fest, dass ich meine Karriere irgendwann in Deutschland beenden werde.”
Was sagst du zum Erfolg von Leon Draisaitl in der vergangenen Saison, an den er in dieser Saison fast nahtlos anknüpft?
Kühnhackl: “Es ist phänomenal, was Leon abliefert. Wenn man früher an Edmonton gedacht hat, dann war nur Connor McDavid im Fokus, aber was Leon die letzten zwei Jahre gezeigt hat, das ist unbeschreiblich. Die sind beide auf einem Niveau. Wenn die beiden auf dem Eis sind, dann muss man als Gegner einfach schauen, dass man die Scheibe so weit wie möglich vom eigenen Tor weghält. Die zwei machen wie aus dem Nichts immer etwas. Das hat man erst vor ein paar Abenden gesehen, als Leon drei Tore und fünf Punkte gemacht hat. Das ist schon unbeschreiblich.”
Wie siehst du Tim Stützle, der auf dem besten Weg ist, in die gleichen Fußstapfen zu treten?
Kühnhackl: “Der wird auch einiges erreichen. Das ist überhaupt keine Frage. Wenn man ihn anschaut, der hat das volle Paket. Er ist am Schläger brutal gut, er ist wendig, kann Schlittschuhlaufen. Er kann schießen, was er auch gezeigt hat. Im Penaltyschießen ist er auch einer der besten, ist, glaube ich, zwei von zwei. Wie gesagt, der hat einiges vor in der Liga.”
Vor kurzem hat sich der Silbermedaillengewinn der deutschen Nationalmannschaft zum dritten Mal gejährt. Du warst war nicht dabei, hattest aber mit deinem Siegtreffer im letzten Qualifikationsspiel in Lettland einen großen Anteil am Erfolg. Wie viel Spaß würde es dir bereiten, in einer Nationalmannschaft mit Draisaitl, Stützle und den anderen großen Talenten zusammenzuspielen und vielleicht einmal selbst eine Medaille zu gewinnen?
Kühnhackl: “Das wäre natürlich auch ein riesiges Erlebnis. Klar, waren wir alle bei der Qualifikation dabei und wären es auch gerne bei Olympia selbst gewesen. Das hat leider nicht sein sollen. Jeder will mal dabei sein. Das erlebt man nicht jedes Jahr und vielleicht nur einmal im Leben. Wenn ich mal dabei sein dürfte, dann wäre das super und ich würde alles für die Mannschaft geben. Und wenn man natürlich solche Spieler wie Tim, Dominik Kahun, Leon, Philipp Grubauer oder Tobias Rieder im Team hat, dann würde ich liebend gerne auch dabei sein.”