Nach einer couragierten und leidenschaftlichen Vorstellung kann die deutsche U20-Nationalmannschaft mit Stolz die Heimreise antreten, auch wenn das WM-Abenteuer in Edmonton im Viertelfinale endete. Das Team von U20-Bundestrainer Tobias Abstreiter lieferte Russland bis in die Schlusssekunden ein spannendes K.o.-Duell und unterlag hauchdünn mit 1:2 (0:1, 0:1, 1:0). Florian Elias (44.), der in jedem der fünf WM-Spiele punktete, erzielte das deutsche Tor und hatte wenig später noch mit einem Lattentreffer Pech. Kapitän Tim Stützle scheiterte zudem im ersten Drittel am Pfosten.
Auch wenn die Sbornaja immer wieder ihre individuelle Klasse ausspielte, das Abstreiter-Team ließ sich auch vom Rückstand nicht unterkriegen und bot dem Favoriten mutig die Stirn. Gestützt von einem starken Florian Bugl im Tor, hinterließ die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes e.V. beim russischen Team spürbaren Eindruck. In der Schlussphase drückte das Abstreiter-Team auf den Ausgleich, nahm auch Goalie Bugl heraus, doch der Treffer wollte gegen die wankende Mannschaft von Headcoach Igor Larionov nicht mehr gelingen. Hängen bleibt gleichwohl der Eindruck eines DEB-Teams, das vielen Widrigkeiten trotzte und mit großem Zusammenhalt und spielerischer Qualität überzeugte.
Wie gegen die Schweiz stellte das DEB-Team, das das Trikot des noch in Quarantäne befindlichen Jakub Borzecki mit auf der Bank dabei hatte, eine nahezu vollständige Aufstellung mit sieben Verteidigern und zwölf Stürmern. Lediglich Verteidiger Niklas Länger (Augsburger Panther) hatte noch keine Freigabe für einen Einsatz erhalten. Jan Nijenhuis (Grizzlys Wolfsburg) war dagegen erstmals mit dabei und ersetzte Justin Volek, der nach seinem Foul im letzten Drittel der Schweiz-Begegnung für ein Spiel gesperrt worden war. Bugl startete zum dritten Mal in Folge im Tor des DEB-Teams, als Back-up saß erneut Arno Tiefensee auf der Bank.
Das deutsche U20-Team begann unerschrocken und hielt auch körperlich gut dagegen. Stützle war bei seinem Pfostentreffer dicht an der Führung. Kurz nach Beginn eines deutschen Powerplays setzten die Russen allerdings einen Konter und Vasili Ponomaryov (10.) gelang das erste Tor des Spiels. Auch im Mittelabschnitt erarbeitete sich die DEB-Auswahl einige gute Gelegenheiten durch Stützle, Elias und später Josh Samanski. Doch der Treffer glückte erneut der Sbornaja durch Danil Bashkirov (29.), der eine schnelle Kombination präzise abschloss.
Elias‘ Anschlusstor, als er sich den Puck zurückeroberte und schnell abschloss, sorgte für Auftrieb. „Weitermachen, weitermachen“, rief der Mannheimer seinen Kollegen auf der Bank zu. Der Kölner Luca Münzenberger im Nachsetzen nach einem Solo von JJ Peterka und Elias, der bei dem Lattentreffer einen Schuss gekonnt abfälschte, besaßen die besten Gelegenheiten zum Ausgleich bei der ersten WM-Viertelfinalteilnahme einer deutschen U20 überhaupt.
Interims-Sportdirektor Christian Künast: „Es war ein sehr, sehr enges Spiel, wir haben einen Top-Favoriten an den Rand einer Niederlage gebracht, darauf kann jeder stolz sein. Die Jungs sind bis ans Limit gegangen. Bei etwas mehr Glück wäre die Overtime oder noch mehr möglich gewesen. Unter den Umständen und Voraussetzungen, die wir hatten, haben alle vom Team bis zum Staff überragend gearbeitet und vor allem unser deutsches Nachwuchseishockey hervorragend vertreten. Das ist auch ein Zeichen nach außen: Wir haben gute junge Spieler, er kommt etwas nach, es gilt nur, ihnen jetzt weiter die Chance zu geben und auf sie zu bauen. Einer nächster kleiner Schritt wäre auch, die Mentalität zu entwickeln, dass wir solche Spiele gewinnen und wir werden sie in Zukunft gewinnen.“
U20-Bundestrainer Tobias Abstreiter: „Jeder kann stolz auf sich sein, es war eine unglaubliche Leistung der gesamten Mannschaft. Ich bin auch stolz auf jeden Spieler, und einfach auf jeden, der irgendwie mit dieser Leistung zu tun gehabt hat. Ich möchte mich bedanken, es war eine super Zeit und ich denke, gerade durch die Quarantäne ist die Mannschaft so richtig zusammengewachsen. Wir haben uns gegenseitig gepusht und motiviert und an diesen Erfolg geglaubt. Die Russen haben gewackelt, wir haben gedrückt und an den Sieg geglaubt. Es war ganz, ganz knapp vor einer Sensation.“
Kapitän Tim Stützle: „Wir haben uns alle so gut verstanden, es hat so großen Spaß gemacht und war eine unvergessliche Zeit. Natürlich muss der Blick jetzt nach vorne gehen und ich kann es kaum erwarten, in Ottawa zu sein. Aber wir müssen uns bei allen Drumherum bedanken, alle haben eine Riesenarbeit gemacht, das gehört eben auch dazu. Ich bin einfach unfassbar stolz darauf, wie wir heute gespielt haben, wie wir alle das ganze Turnier über zusammengearbeitet haben. Es war eine Ehre, für Deutschland zu spielen. Am Ende ist es zwar traurig, dass wir verloren haben, aber wir können stolz darauf sein, als erste deutsche Mannschaft das Viertelfinale erreicht zu haben.“
Florian Elias: „Die Situation war da, die Russen hatten etwas Glück und wir Pech. Aber man kann es nicht ändern. Unser Team ist einfach unglaublich gewesen, es ist einfach Pech, dass wir den Sieg nicht geschafft haben. Aber wir haben ein brutales Turnier geliefert, sind als erste deutsche U20 ins Viertelfinale gekommen. Das hat das deutsche Eishockey auf jeden Fall vorangebracht.“
Fotos: Cardin/HHOF-IIHF Images