Seit zehn Jahren ist Verteidiger Korbinian Holzer in Nordamerika aktiv. Er hat viel gesehen und viel erlebt – unter anderem 211 NHL-Spiele (Hauptrunde und Play-offs) für die Toronto Maple Leafs, die Anaheim Ducks und die Nashville Predators. Für deb-online.de blickt der 63-malige Nationalspieler auf das bevorstehende Stanley-Cup-Finale zwischen Tampa Bay Lightning und den Dallas Stars, schätzt die Teams ein und gibt seine Prognose ab.
Tampa Bay Lightning – Dallas Stars (Spiel 1, Sonntag, 20.09., 1.30 Uhr / Spiel 2, Dienstag, 22.09., 2 Uhr / Spiel 3, Donnerstag, 24.09., 2 Uhr / Spiel 4, Samstag, 25.09., 2 Uhr / Spiel 5, 6, und 7 falls nötig in Nacht zum 27.9., zum 29.9. und zum 1.10.)
Tor:
Dallas Stars
Korbinian Holzer: “Ich habe mit Anton Khudobin selbst in San Diego und Anaheim zusammengespielt. Er ist eigentlich der typische Back-up gewesen, hat aber jetzt in den Play-offs überragend gehalten, er ist einer der Hauptgründe, warum Dallas im Finale steht. Er surft auf einer Welle des Selbstvertrauens und könnte in der Serie das Zünglein an der Waage sein. Es passt gut, er ist heiß, dass Ben Bishop nicht spielen kann, ist kein Nachteil.
Tampa Bay Lightning
Holzer: Andrei Vasilevskiy ist einer der besten Torhüter der Liga und ein sehr moderner Torwart. Er ist recht schnell, athletisch, hat eine herausragende Technik und ist für sein Alter auch sehr ruhig. Er hat überragend gespielt in den letzten Jahren, auch wenn er auch in einer überragenden Mannschaft spielt. Er hat schon letzte Saison die Vezina Trophy für den besten Torhüter gewonnen. Das Gesamtpaket passt einfach.
Der Vergleich:
Holzer: “Ein relativ ausgeglichenes Duell, weil Khudobin gerade vor Selbstvertrauen strotzt.”
Verteidigung:
Dallas Stars
Der Finne Miro Heiskanen spielt eine überragende Saison, er ist mit John Klingberg der X-Faktor. Sie sind allgemein stabil in der Defensive, die Verteidigung hält sich gut an das System, in dem sie spielen. Sie ziehen das System bis zur Perfektion durch. Sie haben auch eine gute Mischung zwischen guten Schlittschuhläufern und der Härte, die sie brauchen.
Tampa Bay Lightning
Im Vergleich hat Tampa in Victor Hedman einen der besten Verteidiger der Liga, der auch wieder Finalist für die Norris Trophy ist. Er hat als Verteidiger schon neun Tore geschossen in den Play-offs, spielt auch da überragend. Hedman spielt fast 30 Minuten, die dritte Formation spielt etwas weniger als üblich. Sie sind wahrscheinlich etwas tiefer aufgestellt als Dallas, auch was die offensive Power in der Verteidigung angeht.
Der Vergleich:
Holzer: “Ich würde fast einen Vorteil bei Tampa sehen, auch wenn Dallas eine sehr mobile Verteidigung hat und insgesamt recht wenige Gegentore in den Play-offs kassiert hat. Auch hier wird das Duell sehr ausgeglichen und interessant.”
Angriff:
Dallas Stars
Holzer: Jamie Benn spielt als Kapitän herausragende Play-offs, die gesamte erste Reihe mit Alexander Radulov und auch Tyler Seguin spielt stark. Sie sind zwar nicht immer in der Statistik zu finden, aber dafür springen dann die jungen Spieler in die Bresche und machen die Tore. Dazu kommen erfahrene Spieler wie Corey Perry und Joe Pavelski, deren Routine viel hilft. Es funktioniert gut, die Mischung passt. Es ist auch typisch für die Play-offs, dass sich die Top-Spieler neutralisieren und dann kommt es auf die Tiefe an und wie diese Spieler performen. Bei Dallas funktioniert das mit Denis Gurianov oder Joel Kiviranta hervorragend, die jungen Spieler blühen richtig auf und machen dann auch entscheidende oder wichtige Tore.
Tampa Bay Lightning
Holzer: Brayden Point hat bisher überragend gespielt, hat den Unterschied ausgemacht, aber er ist natürlich angeschlagen. Dann könnte Steven Stamkos in der Serie zurückkommen und sein Comeback geben, ob es rechtzeitig klappt, ist aber offen. Das wäre auch nochmal ein Pfund in der Hinterhand. Durch die Bank von Reihe eins bis vier macht da jeder seinen Job, sie haben weitere außergewöhnliche Spieler wie Nikita Kucherov. Dessen Reihe kann den Gegner in seine Einzelteile zerlegen. Insgesamt haben sie eine brutale Offensivpower, es wird interessant, wie sie sich gegen Dallas durchsetzen können, wie sie mit der Härte umgehen.
Der Vergleich:
Holzer: Tampa ist tiefer besetzt als Dallas, aber Dallas kann im Kollektiv Tampa auch frustrieren – so wie es Columbus in der letzten Saison gemacht hat. Die Bolts könnten sich schwertun, wenn die neutrale Zone eng ist und sie wenig Platz zum Spielen haben. Tampa hat allerdings auch gegen defensivstarke Islanders sein Spiel durchgezogen und dann wird es schwer für die Stars.
Das Fazit:
Holzer: Es wird interessant: Defensivpower gegen Offensivpower. Und es ist schwer vorherzusagen. Tampa hat so ein bisschen die Dämonen besiegt aus der letzten Saison, als sie in der ersten Runde in den Play-offs nach überragender Hauptrunde ausgeschieden sind. Sie haben Columbus diesmal besiegt, gegen Boston dominiert, gegen die Islanders auch Rückschläge weggesteckt, als sie die Serie nicht gleich zugemacht haben. Das hat ihnen gutgetan, daher glaube ich, dass Tampa reif ist, weil sie die letzten Jahre schon nah dran waren und das Team für den Sieg hatten. Auf der anderen Seite ist Dallas brutal im Flow. Wahrscheinlich macht es Tampa in sieben Spielen.
Alles Wissenswerte zum Stanley-Cup-Finale gibt’s natürlich bei nhl.com.
Fotos: Dominic Pencz