Reindl: “Eishockey ist eine Sportart mit vielen Aktiven, vielen Spielen und sehr vielen Zuschauern”
Am 7. November organisiert der Deutsche Eishockey-Bund e.V. (DEB) in Köln zusammen mit dem Eishockey-Verband Nordrhein-Westfalen (EHV-NRW) und der Internationalen Fachmesse für Freiraum, Sport- und Bäderanlagen (FSB) eine Podiumsdiskussion zum Thema Eishallen-Infrastruktur.
Herr Reindl, die Problematik um die Eishallen-Situation in Deutschland ist ja keine neue. Was erhoffen Sie sich von der Diskussionsrunde?
„Natürlich ist dieses Thema seit Jahren immer wieder auf dem Tisch, aber wir wollen durch diese erstmals öffentlich ausgeführte Veranstaltung einen Impuls im Eishockeynachwuchs- und im Breitensport in Deutschland setzen. Mit der FSB haben wir einen Partner an der Seite, der genau das richtige Publikum anzieht und uns eine Plattform bietet, die wir vorher so noch nicht zur Verfügung hatten.“
Der Deutsche Eishockey-Bund hat sich für die kommenden Jahre mit dem Konzept POWERPLAY 26 ehrgeizige Ziele gesteckt. Viele Vereine stoßen nun aber aufgrund der Gegebenheiten vor Ort an ihre Grenzen. Welchen Lösungsweg können sie den Vereinen an die Hand geben?
„Uns ist bewusst, dass in vielen Spielstätten erheblicher Sanierungsbedarf besteht oder gar teilweise deswegen geschlossen werden. Dies betrifft oft gerade die kleineren Eishallen mit einer Kapazität von bis zu 1.500 Plätzen. Darüber hinaus benötigen wir ob des großen Zulaufes zum Eishockey dringend Trainingsflächen insbesondere an traditionsreichen Standorten wie z.B. Rosenheim, Straubing, Frankfurt, Kassel oder München. Wir können den einzelnen Vereinen sicherlich keine Pauschallösung auftischen, aber wir haben mit der AST Eis & Solartechnik GmbH, der Ice, Sports und Solar Systems GmbH und der Hudson GmbH Experten vom Fach dabei, die den Vereinen verschiedene Lösungsansätze präsentieren werden. Außerdem haben wir mit Cornelia Ljungberg, als Transfer of Knowledge Director, von der International Ice Hockey Federation eine Vertreterin des Weltverbandes in der Diskussionsrunde, die uns auch Beispiele aus dem Ausland aufzeigen und den IIHF Ice Rink Guide näherbringen kann.“
Es betrifft ja aber auch nicht immer nur die kleinen Standorte, sondern um ein aktuelles Beispiel zu nennen, auch größere und eigentlich gefestigte, so wie das Olympia-Eissport-Zentrum in Garmisch-Patenkirchen. Haben Sie nun die Befürchtung, dass der Traditionsverein SC Riessersee bald ohne Eishalle da steht?
„Nein, das habe ich nicht. In Garmisch ist die Situation so, dass es sich um eine Teilschließung der Eishalle handelt, von der vor allem das Curling betroffen ist. Beim Eishockey ist die Ausgangslage verglichen mit dem Curling von Grund auf anders. Es gibt zwei Hallen und eine Freifläche, die nicht von der Schießung betroffen sind. Eishockey ist eine Sportart mit deutschlandweit vielen Aktiven, vielen Spielen und sehr vielen Zuschauern. Allein in Bayern finden pro Saison rund knapp 5000 offizielle Spiele statt, die wiederum erheblich Zuschauer in die Stadien locken, was für die Eishallenbetreiber Umsatz bedeutet.“
Sie meinen also, dass Eishockey eine Sportart mit vielen Nutzern ist?
„Ja, richtig. Wir haben im Eishockey die Möglichkeit uns an die Eishallengegebenheiten anzupassen, was in anderen Sportarten nicht immer möglich ist. Wir können neben der variablen Größe die Eisfläche auch Dritteln, quer spielen und so die Auslastung der Fläche bedeutend erhöhen, um mehr Menschen aufs Eis beziehungsweise in die Halle zu bringen. Im Nachwuchs zum Beispiel ist dieser Prozess bei uns ganz normal. Darüber hinaus gibt es ca. 120.000 sogenannte Hobbyeishockespieler die in Freizeitmannschaften organisiert sind.“
2015 wurde in Kaufbeuren per Bürgerentscheid für den Neubau einer Halle gestimmt. Die 1958 erbaute alte Eishalle gilt als Traditionsstätte im deutschen Eishockey. Würden Sie sagen, dass es generell schöner wäre die alten Hallen zu erhalten und zu sanieren oder neu zu bauen?
„Das kann man natürlich nicht über einen Kamm scheren, aber manchmal ist der Erhalt einer Halle auch durch energetische Erneuerungen nicht sinnvoll und ein Neubau nicht nur rentabler sondern auch logistisch einfacher. Neben Kaufbeuren gibt es in Deutschland ja auch jetzt schon viele Projekte die erfolgreich umgesetzt wurden und anderen Hallenbetreibern, Investoren oder Entwicklern als Best Practice Beispiele dienen können. Der Standort Freising zum Beispiel hat sich entschieden anstatt einer Freifläche mit marodem Stadion eine schmucke neue Arena zu bauen, die jetzt nicht nur Anlaufpunkt für den Eissport sondern eine Bereicherung für die gesamte Region ist. Oder Schierke im Harz beispielsweise hat im vergangenen Jahr den Grundstein für die Feuerstein-Arena gelegt und so das unter Denkmalschutz stehende Natureisstadion zu einer ganzjährig nutzbaren Arena umgebaut. Ich sehe hier nicht nur die direkt betroffenen Eissportarten in der Verpflichtung sich Gedanken zu machen, sondern vor allem ist dies auch Aufgabe der Kommunen und Länder. Es gibt einige städtische, staatliche und EU-Fördermittel, die es zu nutzen gilt um so die Eishallen in Deutschland möglichst früh langfristig und effizient nutzbar zu machen.“
Die Zeichen im Deutschen Eishockey stehen nach der überaus erfolgreichen WM 2017 anders als früher auf nachhaltigen Nutzen?
„Wir sind sehr glücklich mit dem WM Schwung auch umfangreiche, bedeutende und effektive Projekte wie WIR SIND EISHOCKEY, INTEGRATION, POWERPLAY 26 und jetzt die Eishallen Initiative schon auf den Weg gebracht zu haben. Wir werden zusammen mit den Clubs und Vereinen weiter alles tun um unseren Sport zukunfts- und konkurrenzfähig aufzustellen.“
Am 07.11.2017 findet die Informationsveranstaltung „Neue Eishallen braucht das Land! – Ein Impuls für den Eishockeynachwuchs- und Breitensport in Deutschland“ im Rahmen der FSB statt. Alle Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier