Er war dreimal DEL Spieler des Jahres, er ist der erfolgreichste Top-Scorer der DEL. In 105 Länderspielen hat er 29 Tore erzielt. Und Patrick Reimer ist einer der Olympia-Helden von 2018. Im Interview blickt er zurück auf seine ersten und einzigen Olympischen Spiele, beschreibt die Bedeutung von Olympia in seiner Karriere – und verrät, warum er den deutschen Eishockey-Herren für Olympia 2022 alles zutraut.
Patrick, wo liegt deine Olympia-Medaille?
Patrick Reimer: Die Medaille liegt bei mir zu Hause in einer Glasvitrine im Arbeitszimmer.
Lass uns auf Pyeongchang 2018 zurückblicken: Wie waren die Olympischen Spiele für dich?
Patrick Reimer: Es war eine unglaubliche Reise. Es waren ja meine ersten Olympischen Spiele, 2014 haben wir die Quali für Sotchi verpasst, 2010 bin ich kurz vor Vancouver aus dem Kader geflogen. Olympia 2018 war der Wahnsinn. Es war auch ein langer Weg, mit einer nervenaufreibenden Quali in Lettland, wo wir uns die Olympia-Teilnahme knapp gegen das Heimteam gesichert haben.
Was waren eure Erwartungen für das Turnier?
Patrick Reimer: Dass unsere WhatsApp-Gruppe „Mission Gold“ hieß, ist ja kein Geheimnis mehr. Ob das wirklich das Ziel war, sei mal dahingestellt. Aber wir wussten, die NHL-Spieler sind nicht dabei, wir haben eine homogene Gruppe und wir können überraschen. Insgeheim hat wahrscheinlich jeder von uns von einer Medaille geträumt. Und je länger wir im Turnier waren, umso näher kamen wir dem Traum. Dann haben wir schon gesagt: Die Medaille kann klappen!
Unser Turnierstart war eher schwach und hat uns auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Aber wir wurden von Spiel zu Spiel besser, haben an uns geglaubt und hatten einen großartigen Zusammenhalt in der Mannschaft.
Was ist der Olympia-Moment 2018 für dich?
Patrick Reimer: Die Eröffnungsfeier hat mich sehr beeindruckt. Da wurde mir klar: Jetzt bin ich zwischen all diesen Top-Athleten aus der Welt. Wir laufen gemeinsam als Team Deutschland ins Stadion ein und vertreten unser Land. Als das olympische Feuer entzündet wurde, das war schon Wahnsinn.
Außerhalb vom sportlichen Stellenwert: Was macht Olympia so besonders?
Patrick Reimer: Man muss Marco Sturm hoch anrechnen, dass er uns gesagt hat „Jungs, passt auf: Olympia ist einmalig und etwas ganz Besonderes. Saugt alles auf, was ihr könnt. Genießt die ersten Tage – dann ist voller Fokus auf Eishockey.“ Wir waren früh in Pyeongchang, haben uns andere Wettkämpfe angeschaut, haben andere Athleten unterstützt. Das haben wir gebraucht, um dieses volle Olympia-Gefühl zu bekommen. Aber dann war für uns auch klar: Ok, voller Fokus auf das Eishockey-Turnier.
Welche Bedeutung hat Olympia für dich in deiner Karriere?
Patrick Reimer: Die Größte. Wahrscheinlich jeder Sportler träumt davon, mindestens einmal an Olympia teilzunehmen. Lange Zeit war es für deutsche Eishockeyspieler fast abwegig, über eine olympische Medaille nachzudenken. Deswegen kann ich unseren Olympia-Erfolg nicht hoch genug einschätzen.
Wie war es für dich, 2018 für die Olympia-Mannschaft nominiert zu werden?
Patrick Reimer: Das war der Wahnsinn. Ich habe immer den Traum gelebt, 2018 bei Olympia dabei zu sein. 2010 flog ich kurz vorher aus dem Kader, 2014 war ich vielleicht auf dem Höhepunkt meiner Karriere – aber wir haben uns nicht qualifiziert. Darüber nachzudenken, dass ich mit 35 oder 36 noch mal auf diesem Niveau spielen kann – ja, die Hoffnung war da, aber man weiß nie, ob es klappt. Deswegen war ich überglücklich, dass ich nominiert wurde.
Nach was schmeckt eigentlich die Silbermedaille?
Patrick Reimer: Wie jedes andere Metall wahrscheinlich auch. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, wo man da gerade reinbeißt. Aber geschmacklich braucht man es nicht hervorheben.
Lass uns auf die Olympischen Winterspiele 2022 blicken. Die deutschen Eishockey-Herren sind ein starkes Team. Was traust du den Jungs zu?
Patrick Reimer: Ich traue den Jungs alles zu. Sie können mit breiter Brust ins Turnier gehen. Die Mannschaft hat eine starke WM gespielt. Das sollte ihnen Selbstvertrauen geben. Klar ist auch – wenn die NHL-Spieler dabei sind, werden die Kader gespickt sein mit absoluten Topstars. Aber wir haben gesehen, was mit einem gesunden und motivierten Team alles möglich ist.
Die Jungs sollten reingehen und von einer Medaille träumen, sie aber nicht erwarten. Sie sollten sich sagen: Wir können alles erreichen. Aber sie sollten auch nicht enttäuscht sein, wenn sie in der starken Weltelite nicht in den Medaillen landen.
Das sind gute Schlussworte. Vielen Dank für das Gespräch, Patrick!