von Stefan Herget @NHLde / NHL.com/de
Für Torhüter Philipp Grubauer vom in den Play-offs ausgeschiedenen Stanley-Cup-Mitfavoriten Mitfavoriten Colorado Avalanche klingt die Enttäuschung langsam ab. Zum dritten Mal in Folge war für die mit großen Talenten gespickte Mannschaft in der zweiten Runde Endstation. Zuvor hatte die Avalanche mit 82 Punkten (39-13-4) in 56 Spielen die Presidents‘ Trophy für das punktbeste Team der NHL gewonnen und stellten mit 197 Treffer die beste Offensive der Liga. Die Hoffnung war groß, in diesem Jahr mehr erreichen zu können.
Doch auch Grubauer, der zusammen mit Marc-Andre Fleury von den Vegas Golden Knights und Andrei Vasilevskiy von den Tampa Bay Lightning für den Auszeichnung zum besten Torhüter der Saison (Vezina Trophy) nominiert ist, konnte das Aus nicht abwenden. Der 29-jährige Rosenheimer, der als Backup der Washington Capitals 2018 den Stanley Cup gewonnen hatte, darf dennoch als einer der Gewinner dieser Saison angesehen werden. Sein seit langem gehegter Wunsch nach einem Status als Nummer 1 eines Top-Teams in der NHL, ging endgültig in Erfüllung und diesen hat er nachdrücklich untermauert. Wegen seines auslaufenden Vertrages gilt er als begehrtester Torhüter auf dem kommenden Free Agent Markt, der am 28. Juli öffnet.
Interessante Themen wie auch der jüngste Erfolg der Nationalmannschaft bei der WM also, über die NHL.com/de mit Grubauer in einem exklusiven Interview gesprochen hat.
Wie fällt dein persönliches Fazit der Saison aus?
„Für die Mannschaft eine überragende reguläre Saison und in der ersten Playoff-Runde waren wir top, doch dann gegen Vegas ist etwas zäh geworden und wir konnten unser Potenzial nicht ausschöpfen. Wir haben nicht mehr zu unserem Spiel gefunden und vier Spiele in Folge verloren. Dann war die Saison auch schon wieder vorbei.“
Welche Erkenntnisse habt Ihr als Mannschaft aus dem erneuten Ausscheiden in der 2. Runde gezogen?
„Wenn ich zurückblicke, wie ich den Stanley Cup mit Washington gewonnen habe, dann hat das fünf oder sechs Jahre gedauert bis wir zum Ziel gekommen sind. Bei Tampa Bay ist es genauso. Sie waren jahrelang überragend, haben die Presidents‘ Trophy gewonnen mit den meisten Siegen aller Zeiten in der NHL-Geschichte und sind in der ersten Runde gegen Columbus in vier Spielen ausgeschieden. Natürlich muss man als Mannschaft Fehler machen, um besser zu werden und zum Ziel zu kommen. Wir haben eine sehr junge Truppe, die erst Erfahrung sammeln muss. Aber wir werden aus diesen Fehlern hoffentlich in der nächsten Saison lernen.“
Du giltst auch als sehr kritisch zu dir selbst. Was hättest du besser machen können?
„Den einen oder anderen Schuss mehr zu halten (lacht). Aber es ist ja ein Mannschaftssport und wenn nur fünf Spieler eine Topleistung bringen und zehn sind mit dem Kopf irgendwo anders, dann kann man nicht gewinnen. Damit man das Ding gewinnen kann, braucht man jede Runde, jedes Spiel, jeden Einsatz und das jede Minute. Wir haben als Mannschaft sehr viele individuelle Fehler gemacht, die man in den Playoffs überhaupt nicht machen sollte.“
Wirst du weiter ein Teil der Entwicklung der Avalanche sein?
„Ich hoffe natürlich, dass ich weiterhin das Trikot von Colorado überziehen kann. Aber in Zeiten der Salary-Cap-Ära müssen sie noch mit ein paar anderen Spielern verlängern: Cale Makar, Gabriel Landeskog und Brandon Saad. Es schlagen viele Verträge auf und es wird sich in den nächsten drei bis vier Wochen bis zum Expansion Draft viel tun. Wir werden sehen, wie es dann davor und vielleicht danach aussieht.“
Wie hoch schätzt du die Chancen ein, dass du in Denver bleibst?
„Das ist schwer zu sagen. Es ist vieles von anderen Spielern abhängig. Alle Spieler müssen unter den Salary Cap passen. Wenn einer für mehr unterschreibt, dann muss der andere vielleicht weichen und sich eine andere Mannschaft suchen. Aber vielleicht wird auch Platz gemacht, weil sehr viele Verträge gleichzeitig auslaufen.“
Wie ist es, als der beste Torhüter am Free Agent Markt angesehen zu werden?
„Das ist schön zu hören. Ich will mich schließlich jedes Jahr verbessern und unter den besten Torhütern der Liga sein. Das Potenzial habe ich in diesem Jahr geschafft. Da gehört auch immer ein bisschen Glück dazu. Ein großer Vorteil war, dass ich verletzungsfrei geblieben bin. Im nächsten Jahr heißt es wieder neu anzugreifen und genauso für die Mannschaft wieder da zu sein, wie es dieses Jahr war. Mit den gemachten Erfahrungen sollten wir noch stärker sein.“
Wie wäre es für dich persönlich, als zweiter Deutscher nach Olaf Kölzig und nach dem tollen Erfolg von Leon Draisaitl als MVP im vergangenen Jahr die Vezina Trophy zu holen?
„Es wäre super und eine große Ehre für mich. Aber nicht nur für mich selber, sondern auch für die ganze Organisation, die vielen Leute, die im Hintergrund hart für uns arbeiten, wie Torwarttrainer, Mitspieler, Masseure, Physiotherapeuten, die Jungs, die für die Ausrüstung zuständig sind. Sie alle leisten einen wesentlichen Anteil dafür, dass wir Spieler fit sind und unsere beste Leistung auf dem Eis abrufen können. Es wäre daher nicht nur eine Auszeichnung für mich, sondern für den kompletten Klub. Hoffentlich klappt es, in diesem Jahr umso mehr, weil wir nicht gewonnen haben. Es würde mich daher sehr freuen.“
Was sagst du zum Abschneiden der Nationalmannschaft bei der WM?
„Ich habe zwei oder drei Spiele gesehen und ich habe mich sehr über den Halbfinaleinzug und den schlussendlich vierten Platz sehr gefreut, auch wenn es leider für eine Medaille nicht gereicht hat. Überragend, was Toni Söderholm aus dieser Mannschaft herausgeholt hat. Die Mannschaft hat sehr interessant mit unglaublich viel Leidenschaft und Kampfgeist gespielt und das tut dem deutschen Eishockey sehr, sehr gut. Viele junge Spieler, mit denen es in den nächsten paar Jahren sicher toll werden wird. Ich denke es war ein Zeichen, dass wir mittlerweile zu den Topnationen im Eishockey aufgeschlossen haben. Wir hoffen sehr, dass wir aus Nordamerika zu Olympia mitfahren dürfen, dann könnte es ein interessantes Turnier werden.“
Inwiefern spürst du auch ein neues selbstbewussteres Auftreten des deutschen Eishockeys?
„Ja klar, denn wir brauchen uns vor keiner Nation mehr zu verstecken. Es waren viele junge Spieler dabei, von denen man vorher international noch nicht so viel gesehen hat. Die hat der Toni super integriert und die haben wertvolle Erfahrungen mit ihrem ersten Einsatz für die Nationalmannschaft gesammelt. Diese werden sie zukünftig nur stärker machen werden. Es war sehr schön mit anzusehen und ich freue mich in Zukunft, wenn möglich, auch wieder selbst mit dabei zu sein.“