Moritz Seiders Schweden-Abenteuer: Der richtige Schritt zur richtigen Zeit

An den über die Landesgrenzen hinaus bekannten Surströmming, den fermentierten Hering, hat sich Moritz Seider noch nicht gewagt, aber insgesamt ist Schweden, ist der Wechsel zu Rögle BK für ihn in jeder Hinsicht der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt gewesen. „Ich bin super happy und fühle mich unheimlich wohl“, erzählt das 19 Jahre alte Verteidigertalent und fügt lachend hinzu: „Aber Dosenfisch schieb‘ ich lieber weg, sonst ist mein Tag gelaufen.“

Seider genießt stattdessen die Nähe zum Meer, genießt das trotz der Corona-Pandemie „fast normale“ Leben in der ruhigen 40.000-Einwohnerstadt Ängelholm. Aber vor allem genießt er die Rolle, die ihm Headcoach Cam Abbott zugedacht hat. Gemeinsam mit seinem kanadischen Verteidigungspartner Eric Gelinas ist der Nationalspieler das Top-Tandem in der Defensive, immer dann auf dem Eis, wenn’s brennt oder wichtig wird. „Ich spiele viel, bekomme Zeit im Powerplay, im Penalty Killing, spiele in der Overtime. Dafür trainiert man, man will in den entscheidenden Momenten auf dem Eis sein“, berichtet Seider.

All das soll den Rechtsschützen außerdem vorbereiten auf das, was hoffentlich im Herbst dieses Jahres kommt: seine NHL-Premiere bei den Detroit Red Wings. Für General Manager Steve Yzerman ist Seider ein besonderer Spieler, nicht nur, weil der Deutsche Yzermans erster Draftpick bei den Red Wings war (2019 an Position 6), sondern auch, weil er in ihm einen wichtigen Baustein für die Zukunft des elfmaligen Stanley-Cup-Champions sieht.

Als „ermutigend“ und „viel versprechend“ bezeichnete Yzerman Seiders Fortschritte schon vor einigen Monaten. Der Kontakt zu den Red Wings sei „regelmäßig“, erzählt Seider, persönlich treffe er häufiger Ex-Red-Wings-Verteidiger Niklas Kronwall, jetzt im Management tätig, mit dem er dann Spiele analysiere und der ihn auf Dinge hinweise, die für die Zukunft in der NHL wichtig seien. „Ich freue mich schon riesig auf die neue Saison, man will endlich auch das Line-up in der NHL schaffen, das ist das ganz, ganz große Ziel“, sagt Seider, der bis dahin aber auch noch so einiges vorhat.

Ganz kurzfristig möchte der gebürtige Rheinland-Pfälzer erstmal zurück aufs Eis – nach einer Schulterverletzung, die ihn glücklicherweise nur einige wenige Wochen außer Gefecht setzte. „Ich will nichts überstürzen, das bringt nichts, und ohne große Hektik zurückkommen“, sagt Seider, der in 14 Tagen wieder einsatzbereit sein könnte und weiß, dass der Sturz in die Bande auch anders hätte ausgehen können: „Ich hatte das große Glück, dass ich immer noch mit einer Vollkarbonschiene spiele, die mir wahrscheinlich die Karriere gerettet hat. Es ist nochmal gut gegangen und jetzt heißt es, fleißig zu trainieren und wieder zu 100 Prozent kommen.“

Rögle BK hat auch dank Seider, der in bisher 31 Spielen auf für einen Verteidiger herausragende 24 Scorerpunkte kommt, Tuchfühlung zur Spitze der Swedish Hockey League (SHL) und durchaus Meisterschaftsambitionen. „Wir haben ein unheimlich starkes Team und hohe Ziele“, berichtet Seider, der die komplette Spielzeit in Südschweden verbringen wird – so ist es mit den Red Wings vereinbart: „Das gibt mir Klarheit und ich muss mich nicht mit irgendwelchen Eventualitäten auseinandersetzen. Ich kann mich voll und ganz auf die Saison konzentrieren, das hilft mir auch mental sehr.“

Bundestrainer Toni Söderholm hat Seider natürlich auch auf seiner Liste, wenn er das Team für die WM 2021 in Riga/Lettland vom 21. Mai bis 6. Juni zusammenstellt. Er findet den Schritt nach Schweden „überragend für die Entwicklung von Moritz“, die schwedische Liga sei aktuell sehr stark und spiele taktisch ausgereift, bei Rögle BK gehe es zudem immer um den Sieg. „Es ist zur Zeit das Wichtigste für ihn“, sagt Söderholm, „dass er viel Eiszeit hat und Verantwortung trägt. So gewinnt er Sicherheit für sein Spiel.“

Nachdem Seider beim Deutschland Cup gefehlt hatte und die Maßnahme im Februar gestrichen werden musste, stünde er im WM-Vorfeld vor seinen ersten A-Länderspielen seit dem Frühling 2019. „Nachdem es letztes Jahr keine Chance gab, sind wir unheimlich heiß. Ich möchte mich natürlich so gut wie möglich präsentieren, um mir einen Platz zu erarbeiten“, sagt Seider und weitet den Blick bis zum Februar 2022: „Olympia wird auch ein sehr interessantes Thema sein, da hoffe ich auf die Erfüllung eines Kindheitstraums und dass wir gegen die Allerbesten der Welt spielen können.“