Augsburger steht im Wild-Kader für den Restart – „Sie haben gesehen, dass ich NHL spielen kann“
Nico Sturm hat für den NHL-Restart seine persönlichen Grenzen verschoben. „Ich habe so hart trainiert wie noch nie“, sagt der Augsburger. Ob hoch intensive Übungen im eigenen Fitnessstudio oder privat gemietete Eiszeiten in den Abendstunden, der 25-Jährige hat alles getan, um sich einen Platz im Team von Minnesota Wild zu erarbeiten. „Ich wollte mir die beste Möglichkeit geben zu spielen. Wenn es nicht klappt, bin ich immer noch in einer Top-Verfassung und dann geht die Planung erst los für die neue Saison, darauf schau‘ ich auch schon mit einem Auge.“
Für Minnesota wird es ab Sonntag ernst in den Stanley-Cup-Qualifiers, wenn das Team von Headcoach Dean Evason im Modus „best-of-five“ auf die Vancouver Canucks trifft. Ob Sturm dann in Edmonton – der NHL-Blase der Western Conference – in der Heimstätte von Leon Draisaitl auf dem Eis steht? “Es sind nicht plötzlich mehr Plätze da als im März“, weiß der Center und sieht seine Aussichten für den Rest dieser ungewöhnlichen Spielzeit realistisch. Andererseits hat die Saison bis zur coronabedingten Unterbrechung im März gezeigt, dass Sturm ganz dicht dran ist und in jedem Falle Perspektive hat. „In Minnesota war das Feedback so, dass sie gesehen haben, dass ich in der NHL spielen kann“, betont er.
Gleich, ob seine Stunde in der NHL jetzt oder erst in Zukunft schlägt: Sturm, der auf bisher acht NHL-Einsätze kommt und in der AHL 32 Scorerpunkte in 55 Spielen produzierte, ist einer der Aufsteiger im deutschen Eishockey. Mit einer eindrucksvollen Entwicklung während seiner College-Jahre an der Clarkson University hat er sich in den Dunstkreis der Nationalmannschaft gespielt und hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit schon WM-Einsätze aufzuweisen, wenn er sich nicht zunächst voll um seinen Uni-Abschluss gekümmert hätte. „Für mich war die Schule schon immer ganz wichtig, zumal ich mich gerne auf eine Sache richtig konzentriere. Ich glaube, dass die Ergebnisse das auch immer gezeigt haben“, erzählt Sturm.
Es fiel ihm fraglos nicht leicht, auf die „verlockende“ Möglichkeit zu verzichten, seine ersten Länderspiele für die A-Nationalmannschaft zu bestreiten, „es ist schwer, da auch Abstriche zu machen“, gibt er zu. Was es ihm erleichterte: Vom Deutschen Eishockey-Bund erhielt er für seinen Weg immer Unterstützung. „Nico wollte seine Universitätszeit mit starken Noten abschließen. Das hat er geschafft und wir haben uns für ihn gefreut“, sagt Bundestrainer Toni Söderholm, für den Sturm „in den nächsten Jahren hundertprozentig ein wichtiger Bestandteil der Nationalmannschaft“ sein wird.
Das DEB-Trikot trug Sturm, mit Ex-Bundestrainer Marco Sturm weder verwandt noch verschwägert („In Nordamerika haben die Leute manchmal einfach angenommen, dass er mein Vater ist.“), zuletzt vor über fünfeinhalb Jahren bei der U20-WM in Kanada an der Seite von Dominik Kahun und Markus Eisenschmid im starken 1995er Jahrgang. Dass aus ihm ein NHL-Kandidat würde, war damals noch nicht abzusehen, erst im College nahm Sturm richtig Witterung auf. „Als ich die Möglichkeiten gesehen habe, ist der Ehrgeiz durch die Decke geschossen. Am Ende des ersten Jahres gab es von Winnipeg die erste Einladung zu einem Development Camp. Wenn du das Trainingstrikot überziehst, dann kommst du auf den Geschmack“, sagt er.
Als er als Teenager den Schritt nach Nordamerika wagte, war dies noch anders, da reizte ihn das Abenteuer, die Chance auf eine Top-Ausbildung und die Aussicht auf eine prägende Lebenserfahrung. Allein einen Platz am College zu bekommen, war zu der Zeit kein Selbstläufer und benötigte Beharrlichkeit. “Jetzt haben deutsche Spieler eine ganz andere Wertschätzung als vor sieben, acht Jahren“, sagt Sturm, der im Nachwuchs zunächst beim Augsburger EV und anschließend beim ESV Kaufbeuren spielte.
Für seinen inzwischen steilen Weg nach oben macht er auch einen Reifeprozess verantwortlich. „Als ich kleiner war, hatte ich schon sehr viel Talent, dann kam die Pubertät, die setzte bei anderen früher ein, da hat Talent nicht mehr so viel bedeutet. Der Vorsprung war irgendwann weg, ich habe es nicht verstanden wie ich es heute verstehe.“, erinnert Sturm sich und beschreibt, dass sich seine nunmehr imponierende Arbeitseinstellung erst nach und nach entwickelte. „Inzwischen“, sagt Söderholm über Sturm, „verfügt er über eine hohe Qualität. Nico ist ein sehr, sehr zuverlässiger und cleverer Spieler, außerdem mental sehr weit.“
All das macht den gebürtigen Schwaben zu einem der DEB-Hoffnungsträger. Und er selbst hat ohnehin große Lust, die positive Entwicklung im deutschen Eishockey mit zu prägen. „Wir haben vielleicht demnächst ein Line-up mit drei oder vier NHL-Reihen, das hätte man sich vor einiger Zeit nicht vorstellen können. Es kommt hoffentlich die Zeit, in der wir konstant um Medaillen mitspielen, da wollen wir alle hin“, sagt Sturm. Zunächst aber geht es für ihn darum, sich in der weltbesten Liga zu etablieren: „Man glaubt, dass ich Einfluss haben kann in Minnesota, das ist für mich ganz wichtig. Ich hoffe, dass sich das in einem neuen Vertrag für die Zukunft wiederspiegelt.“ Beste Eigenwerbung dafür will er jetzt betreiben.
Stanley-Cup-Qualifiers (best of five):
Eastern Conference in Toronto
Carolina Hurricanes – New York Rangers (1. Spiel am Samstag, 1. August)
New York Islanders (mit Thomas Greiss und Tom Kühnhackl) – Florida Panthers (1. Spiel am Samstag, 1. August)
Pittsburgh Penguins – Montreal Canadiens (1. Spiel am Samstag, 1. August)
Toronto Maple Leafs – Columbus Blue Jackets (1. Spiel am Sonntag, 2. August)
Western Conference in Edmonton
Edmonton Oilers (mit Leon Draisaitl) – Chicago Blackhawks (1. Spiel am Samstag, 1. August)
Calgary Flames (mit Tobias Rieder) – Winnipeg Jets (1. Spiel am Samstag, 1. August)
Nashville Predators (mit Korbinian Holzer) – Arizona Coyotes (1. Spiel am Sonntag, 2. August)
Vancouver Canucks – Minnesota Wild (mit Nico Sturm) (1. Spiel am Sonntag, 2. August)
Round Robin der besten Teams der Hauptrunde
Eastern Conference
Boston Bruins, Philadelphia Flyers, Tampa Bay Lightning, Washington Capitals
Western Conference
Colorado Avalanche (mit Philipp Grubauer), St. Louis Blues, Vegas Golden Knights, Dallas Stars
Unser Medienpartner Sport1/Sport1+ zeigt in den kommenden Tagen zahlreiche Spiele aus der NHL:
Samstag, 1. August:
Sport1+
Carolina Hurricanes – New York Rangers (18 Uhr); Edmonton Oilers – Chicago Blackhawks (21 Uhr)
Montag, 3. August:
Sport1
Carolina Hurricanes – New York Rangers (18 Uhr), Calgary Flames – Winnipeg Jets (Liveeinstieg ab 20.45 Uhr)
Dienstag, 4. August:
Sport1
New York Islanders – Florida Panthers (18 Uhr), Nashville Predators – Arizona Coyotes (Liveeinstieg ab 20.45 Uhr)
Mittwoch, 5. August:
Sport1
Florida Panthers – New York Islanders (18 Uhr), Arizona Coyotes – Nashville Predators (Liveeinstieg ab 20.45 Uhr)
Donnerstag, 6. August:
Sport1+
Chicago Blackhawks – Edmonton Oilers (4.30 Uhr)
Fotos: Minnesota Wild/Bruce Kluckhohn