Alle Leistungssportler kennen die Momente genau, in denen es besonders zählt, wo es darauf ankommt, wenn viel auf dem Spiel steht. Diese Augenblicke sind es auch, die die Arbeit von Dr. Tom Kossak (Foto: Sylvia Willax) markant definieren. Der Münchner Sportpsychologe weiß, dass der Kopf manchmal nicht mitspielt, wenn es darum geht, „die PS aus dem Training im Wettkampf auf die Straße zu bringen“, und seine Aufgabe ist es, Unterstützung zu geben, um den Sportlermotor auf vollen Touren laufen zu lassen.
Im Eishockey hält Kossak Rituale für sehr hilfreich, wenn der Spieler sie richtig für sich auslegt und nicht zur absoluten Bedingung macht. „Rituale müssen zu einer gewissen Lockerheit führen. Es sollen Abläufe sein, wo ich den Wettkampfmodus aufbauen kann“, sagt der 36-Jährige in der siebten Folge des DEB-Podcasts „Coach the Coach“ im Gespräch mit Karl Schwarzenbrunner, dem Bundestrainer für Wissenschaft und Ausbildung (zur Folge). Das Handeln unter Druck, das jeder Spitzenathlet mehr oder weniger beherrschen muss, beschäftigt Kossak nahezu permanent.
Kossak wirkt in der DEB-Trainerausbildung mit und schöpft aus einem reichen Erfahrungsschatz, den er sich im Eishockey, im Ski alpin oder auch im Motorsport angeeignet hat. Er erklärt die Unterschiede zwischen einem Sportpsychologen und einem Mentaltrainer – und warum diese Trennung bedeutsam ist. Er berichtet auch, weshalb er seine Rolle in einem Wechselspiel aus Nähe und Distanz zu einer Mannschaft sieht, um eine eher neutrale Rolle behalten zu können, wie er die Position des Trainers aus psychologischer Sicht bewertet. Und nicht zuletzt geht er auf das Populärthema Motivation ein. Ein Eishockeyprofi, ein Sportler im Allgemeinen, müsse immer „wissen, wofür ich das mache, wenn das verlorengeht, dann hat der Sportler ein Problem“, sagt Kossak.
Wie Spieler für sich den richtigen Umgang mit Rückschlägen, Hindernissen oder anderen Herausforderungen finden, beschreibt Kossak in seinem drastisch, aber einprägsam benannten „Scheiße-Fluss-Modell“. Darin geht es um Selbstmotivierung und Selbstberuhigung. „Ich brauche Willenskraft, um durchzuziehen. Aber wir haben auch mal keinen Bock, es läuft nicht, wir grübeln“, betont Kossak und gibt Ratschläge, wie der Sportler aus dem negativen Fluss herausklettern, zurück ans Ufer finden kann, jedenfalls jene, die nicht mit Gleichmut reagieren: „Wer auf den inneren Buddhisten hört, der sagt: Scheiße kommt, Scheiße geht, der lässt sich nicht so schnell abbringen.“
Wenn Kossak drei Tipps für Eishockeyspieler formulieren müsste, wären das diese: „Es muss erstens Freude machen, das Grundgefühl muss immer sein: Eishockey ist der geilste Sport. Ich kann zweitens viel lernen für die Entwicklung der Persönlichkeit, dafür lohnt es sich, mal dranzubleiben und durchzubeißen. Und drittens darf niemand denken, er ist ‚The One and Only‘.“ Nie, erklärt der Experte mit Blick auf die Zukunft noch, wolle er dahin kommen, die Spieler zu manipulieren. „Es geht darum, wie können sie ihre beste Leistung abrufen, und es macht schließlich auch den Spaß am Sport aus, dass es Zufälligkeiten gibt.“
Hier geht’s zur Podcast-Folge mit Dr. Tom Kossak