Von Blicken über Sprüche bis hin zu Berührungen – sexualisierte Gewalt entwickelt sich kontinuierlich. „Es fängt ganz klein an und hört bei schweren Straftaten auf“, sagt Meike Schröer, DOSB-Expertin für sexualisierte Gewalt, Gender&Diversitymanagement sowie Persönlichkeits- und Potenzialentwicklung. Es ist eine Art von Gewalt, bei der Täter alltägliche Handlungen sexualisieren. Die Folgen für Betroffene sind weitreichend und tiefgreifend. Angefangen mit Problemen im sozialen Leben über mangelndes Vertrauen in andere bis hin zu Schäden der persönlichen und psychischen Gesundheit, die stark unter dem extrem einschneidenden Einfluss leidet.
Für den Deutschen Eishockey-Bund e.V. gilt: Wir schauen hin! Für den DEB ist sexualisierte Gewalt kein Tabuthema. Und deshalb haben Karl Schwarzenbrunner, Bundestrainer Wissenschaft und Ausbildung, und DEB-Referentin Julia Eisenrieder das Thema in Episode 13 des DEB-Podcasts „Coach the Coach“ in den Mittelpunkt gestellt. Meike Schröer hat über einen langen Zeitraum hinweg – im Rahmen des Voice Projekts, einem EU-Projekt zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Sport, – Interviews mit Betroffenen ausgewertet und teilt im Podcast ihr Wissen und ihre Erfahrungen.
Zum Einstieg werden grundlegende Fragen geklärt: Was ist sexualisierte Gewalt überhaupt? Welche Formen gibt es und was können die Folgen sein? Im weiteren Verlauf gibt die Expertin einen Einblick über Risiken und Strukturen im Sport, welche sexualisierte Gewalt begünstigen oder sogar ermöglichen. Ein sehr wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang ist für Meike Schröer, was Täter*innen wollen: „Der Täter möchte möglichst leicht an Kinder und Jugendliche herankommen und ohne Zugangsbeschränkung“. Sie ergänzt: „Täter gehen strategisch vor. Sie haben ein Gesicht, das sie nach außen präsentieren – zum Beispiel gegenüber Eltern oder anderen Trainern – und eines, das sie gegenüber den Sportler*innen zeigen“.
Speziell im Leistungssport sind die Strukturen gegeben, die es für die Täter ermöglichen, dass Vieles in Verschwiegenheit bleibt. Viele junge Sportler*innen haben für sich hohe Ziele definiert und nehmen daher vieles in Kauf. Aus Angst, dass sie ihren Traum nicht verwirklichen können, erklärt Schröer, sagen sie dann nichts. Als weiteren Aspekt beschreibt Schröer, „dass Betroffene aus Scham nichts sagen und sich an niemanden wenden oder das Szenario sogar schon als normal empfinden“. Die Täter bauen auch Druck auf die Betroffenen auf, indem sie mit Ausschluss drohen. „Wenn die Betroffenen nicht stillhalten, dürfen sie nicht mehr mitmachen“, stellt Schröer heraus. Viele Faktoren sind es letztlich, die besonders im (Leistungs-)Sport die sexualisierte Gewalt, beziehungsweise Prozesse dahin begünstigen und die es Tätern ermöglichen, etwas geheim zu halten.
Um dem entgegenzuwirken, erklärt Schröer, was Vereine tun könnten, um Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt und Missbrauch zu schützen – und worauf es in Vereinen und Verbänden ankommt, um das Verhalten zu erkennen. In der Prävention sexualisierter Gewalt (PSG) gibt es mehrere Säulen, auf denen man aufbauen kann. „Eine Säule sind die Vereine und Trainer“, sagt Schröer, „auch bei den Sportlern*innen muss man ansetzen“. Die Expertin rät zu Programmen auf allen Ebenen. „Man darf die Last nicht auf die Schultern der Kinder legen“. In Vereinen und Verbänden sei es besonders wichtig, dass alle mit aufpassen, da es im Sport „einen unglaublichen Vertrauensvorschuss gibt, welchen die Täter ausnutzen.“ Es herrsche ein Schweigen im Umfeld, das gebrochen werden müsse.
Schröer empfiehlt Vereinen, sich beim Thema PSG Hilfe bei den Dach-, Fach- und Landessportverbänden einzuholen. Außerdem sei es ihrer Ansicht nach extrem wichtig, als Verein zu wissen, wer vor Ort Ansprechpartner sind. „Wer es wirklich will, der findet Lösungen, aber jeder braucht Lösungen für seine Anforderungen“, verdeutlicht Schröer. Ein anspruchsvollerer Aspekt der Prävention sexualisierter Gewalt in Verbänden und Vereinen ist das Durchführen einer Risikoanalyse, wie beim DEB schon geschehen. Dabei gehe es vordergründig darum „sich selbst zu hinterfragen“. Doch der wichtigste Grundsatz ist, dass jeder im Verein oder Verband die Augen offenhalte und wenn etwas auffalle, dies auch angesprochen werde. Weggesehen wurde lange genug. Wir schauen hin!
Hier geht’s zur Podcast-Folge mit Meike Schröer.