Deutsche Auswahl hat heute in Moskau ihr Quartier bezogen und geht am Abend erstmals aufs Eis
Als die Nationalspieler am Mittwochnachmittag gegen 14 Uhr in das Moskauer Teamhotel eincheckten, blickte man in größtenteils müde Gesichter. Durchaus verständlich, schließlich steckte dem Team seit dem Frühstück um 7 Uhr in St. Petersburg bereits ein langer Anreisetag samt vierstündiger Zugfahrt in den Knochen.
Den freien Dienstag hatte das Groß der Mannschaft zwar allgemein zum Ausspannen genutzt, doch angesichts der extremen Belastung der letzten Wochen „schüttelt man die Müdigkeit nicht einfach so ab“, wie Kapitän Marcel Goc erklärte. Für den Abend ist daher Training angesetzt, um die Beine zu lockern und sich an die neue Umgebung gewöhnen zu können.
Das Programm zuvor war in der Tat kräftezehrend: Sieben Spiele in zehn Tagen musste die Nationalmannschaft bei der 2016 IIHF Eishockey-Weltmeisterschaft in der Gruppenphase absolvieren. Mit vier Siegen gegen die Slowakei, das Team USA, Weißrussland und zum Abschluss Ungarn sicherte sich das Team von Bundestrainer Marco Sturm einen im Vorfeld kaum für möglich gehaltenen dritten Platz der Gruppe B. Bereits vor der Begegnung mit Russland ist klar: Das deutsche Team gehört jetzt schon zu den besten sechs Nationen dieser WM.
„Wir haben genau das umgesetzt, was wir uns zu Turnierbeginn vorgenommen haben“, bilanzierte Patrick Hager: „Wir wollten uns von Spiel zu Spiel steigern und das ist uns gelungen.“ Sehr gut sogar. Denn nach dem 2:3 nach Penaltyschießen gegen Frankreich zum Auftakt und dem 1:5 gegen Finnland in Spiel zwei bekam die deutsche Auswahl die Kurve. Marco Sturm sah das Match gegen die Slowakei als Wendepunkt: „Da hat sich die Mannschaft Bestnoten verdient und eine sehr starke Leistung gezeigt.“
Selbst gegen Frankreich hätte seine Mannschaft eigentlich „ganz gut“ gespielt, nur leider die sich bietenden Chancen nicht genutzt. „Gegen Finnland wurde es dann eine ganz andere Partie und eine verdiente Niederlage“, bilanzierte der Bundestrainer hinterher. Beim 2:5 gegen Kanada war die Sensation zum Greifen nahe, als Sturms Jungs nach 40 Minuten ein 2:2-Remis herausspielen konnten, am Ende aber nicht mehr konstant bleiben konnten.
Dass letztlich der dritte Gruppenplatz heraussprang und die Nationalmannschaft für Positivschlagzeilen sorgen konnte, ist auch der Geduld des Trainerteams und der Mannschaft zu verdanken.
Denn trotz der beiden Niederlagen zu Turnierbeginn und den daraus resultierenden ersten kritischen Tönen von Fans und Medien blieb man dem Motto, nur „von Spiel zu Spiel“ zu denken, immer treu. „Auch, wenn das für euch langweilig klingt“, diktierte Korbinian Holzer den Journalisten in die Notizblöcke. Aber: Er sollte Recht behalten. Patrick Hager hatte es da schon wesentlich deutlicher formuliert: „Die Leute sollten endlich mal verstehen, dass es bei einer WM keine so genannten leichten Gegner gibt.“
Hagers Aussage trifft in diesem Fall auf keinen Gegner besser zu als auf den deutschen Viertelfinal-Kontrahenten Russland. Eine höhere Hürde dürfte es kaum geben. „In Russland gegen Russland zu spielen ist vergleichbar mit einem Match in Kanada gegen Kanada. Sie gehören zu den besten Nationen der Welt, sind in jedem Turnier favorisiert“, sagte Marcel Goc: „Wir haben in diesem Spiel nichts zu verlieren, sondern freuen uns viel mehr auf die Herausforderung.“
Teamkamerad Patrick Reimer sieht es ähnlich. „Mit Russland haben wir vermutlich den stärksten Gegner erwischt. Man muss ja nicht nur gegen die Mannschaft bestehen, sondern gegen eine ganze Eishockey-Nation. Mal abwarten, wie gut wir das hinbekommen“, zwinkerte der Stürmer.